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2005 IPC Cycling Open European Championship, Alkmaar, NED, 11-21. August
Text: Stefan Wilda; Bilder Marcel Kaderli
Flach ja - langweilig nein!
Zu den offenen Handbike-Europameisterschaften
in Alkmaar, Nordholland sind 54
Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 19 Nationen gereist. Alle topmotiviert -
fast alle toptrainiert.
Darunter die 6 Schweizerinnen und Schweizer, Gabi Schild (Titelverteidigerin),
Ursula Schwaller, Walter Eberle, Athos Libanore, Markus Rauber
(Titelverteidiger) und Franz Weber (Titelverteidiger).
2 Wettkämpfe, Strassenrennen und Zeitfahren, in je 5 Kategorien wurden
ausgetragen - die Beteiligungen in den Kategorien waren unterschiedlich, das
Niveau gleichsam hoch.
Mit 3 Goldmedaillen und einer Silbermedaille gewann die Schweiz die
Medaillenwertung Handbike vor Holland mit 3 Gold und 2 Bronze, sowie Deutschland
mit 1 Gold, 3 Silber und 1 Bronze.
Nordholland ist flach - da es vor längerer Zeit, bevor sich ein paar Verwegene um
Leeghwater aufmachten um von Hand Dämme zu schaufeln, See war. Von dieser
Leistung zeugen auch die Windmühlen, die damals das Land trockenpumpten und die
noch heute überall herumstehen. überhaupt sieht die wunderschöne Landschaft
noch vielerorts fast so aus, wie zum Goldnen Zeitalter der Niederlande - oder,
wie ein paar Handbiker bemerkten etwas langweilig...
Wo es Windmühlen hat gibt's Wind und dieser bläst noch heute kräftig..... den
Handbikern meistens ins Gesicht!
Diese Tatsache machte den eigentlich flachen und technisch anspruchslosen Kurs im
Strassenrennen taktisch sehr interessant und alles andere als langweilig. Die
Frage lautete nicht, wer der Schnellste ist, sondern wer sich besser hinter den
Gegnern klein machen kann und dann aus dieser energiesparenden Position einen
Überraschungsangriff zum Sprengen der Gruppe schafft. War die Gruppe dann kleiner,
arrangierten sich die Verbleibenden wieder klein und fein hintereinander, um
Konzentration und Kräfte für die Spurtankunft zu sammeln.
In allen Kategorien wurde dieses Spiel gespielt - bei einigen fast bis zum
Stillstand der Gruppe, da sich keiner vorne im Wind unnötig verausgaben wollte
und bei den Herren C auch sehr aggressiv, so dass es zu 3 Stürzen kam.
Franz Weber, Kat.A spielte grossartig, sprengte die Gruppe früh, zog mit dem Belgier
Hindricq davon und musste sich erst im Spurt von diesem auf den 2. Rang
verweisen lassen.
In der Kat. B mischte Markus Rauber kräftig mit, verlor in der 2. letzten Runde,
blockiert durch einen Konkurrenten, den Anschluss und damit den Windschatten und
stand den Rest des Rennens allein im Wind. Damit endete die angestrebte
Titelverteidigung etwas unglücklich im 6. Rang. Vorn fuhr eine 5-er-Gruppe mit
den Deutschen Knecht und Bäumann und dem Tschechen Pipek weg, welcher dann den
Spurt für sich entscheiden konnten.
Athos Libanore und Walter Eberle taktierten in der Kategorie C. Athos verlor in einem
Überraschungsangriff den Anschluss und viele Meter, schaffte es aber mit 2
weitern Fahrern und viel Kampfwille die Lücke bis in die letzte Runde zu
schliessen. Walti hielt das hohe Tempo in der Spitzengruppe mit. Im aggressiven
Endspurt - mit "Beinahesturz" auf der Ziellinie - waren Walti und Athos
als C1-Fahrer den amputierten und knienden C2-Fahrern unterlegen -
hervorragende Leistung, doch nur Platz 11 und 14. - und die Frage, ob
Korrekturfaktoren nicht doch sinnvoller wären... dazu aber später mehr.
In der Kategorie B der Frauen war Taktik pur angesagt: Strassenrennen fast wie
America's Cup segeln. Ursula Schwaller und Gabi Schild belauerten sich
gegenseitig - Ursula, jünger und ungestümer, versuchte mehrere Angriffe.
Gabi, erfahrener und routinierter konnte diese aus dem Windschatten abwehren und
aus derselben Position letztlich auch ihren Titel erfolgreich verteidigen.
Alkmaar ist eine kleine malerische Stadt - holländisch. Freundlich, geschäftig,
friedlich, ruhig. Mit engen roten Brikhäusern, vielen Wasserkanälen, dem
legendären Käsemarkt mit Käsewägen, engen Gässchen, 4 Kirchen, 40 Bars und
Restaurants und keinen Vorhängen an den Fenstern. Transparenz die zum hingucken
reizt!
Diese holländische Transparenz fehlt zur Zeit in der IPC-Cycling-Strategie.
IPC-Cycling sollte zu UCI (int. Radsport-Verband) wechseln - doch es klemmt.
Folge ist, dass die geplante Weltmeisterschaft in Aigle 2006 in der Luft hängt; und
dass im weitern unklar ist, welche Kategorien an den Paralympics 2008 in Peking
gestartet werden.
Klar ist, dass von 65 beantragten Radmedaillen gerade mal 43 bewilligt sind. Handbike
steht in Konkurrenz zu den Amputierten, den Blinden und den CP's. Disziplinen
müssen zusammengelegt, Kategorien über Zeithandicups verschmolzen werden.
Emotionaler Gesprächsstoff an den Abenden!
Klar war auch, dass das Einzelzeitfahren dieses Jahr ohne Faktor stattfand!
Darum machte Franz Weber in der Kategorie A klar, wer der Schnellste ist: über eine
Minute distanzierte er den Zweitplazierten.
Bei den Herren B war es enger. Markus Rauber verpasste den 3. Rang um knappe 4
Sekunden! Die Betreuer waren wohl schon zu heiser...
Der Amerikaner Alejandro Albor bewies in der Kat. C auf seinem Carve-Bike mit
versetzten Kurbeln, dass auch diese Technik schnell sein kann - fast eine
Minute holte er auf die südafrikanische Rollstuhllegende Ernst van Dyk heraus.
Walter und Athos fuhren beide tolle Rennen und rangierten sich auf den Plätzen
9 und 13 - ohne Faktor halt wieder hinter den C2-ern.
Gabi oder Ursula? - Duell bei den Frauen Kat.B! Ursula wollte die Revanche - Gabi
hatte schon eine Medaille. Gabi schien recht locker, Ursula leicht verkrampft.
Abgeklärte Ruhe gegen Sturm und Drang! Zum Schluss obsiegte die lockere
Routine. Freud und Frust liegen nahe zusammen! Beide haben mit ganzem Einsatz
gekämpft - beide werden lernen, trainieren und sich an der nächsten
Meisterschaft wieder begegnen!
Die nächste grosse Meisterschaft wird die Weltmeisterschaft in Aigle/SUI sein -
so sich IPC und UCI einig werden - neue Athleten und Nationen werden erwartet.
Das Schweizerteam hinterlässt einen guten Eindruck. Zu hoffen ist, dass neben
Medaillen, holländischem Käse, vielen Eindrücken und Lehren auch die
Motivation eingepackt wurde, um für die kommenden Jahre konsequent und hart
weiter zu trainieren - 2008 kommt bestimmt, der Grundstein wird heute gelegt
- ROLL FOR IT!
Ergebnisse: Strassenrennen
Herren Div. A, 32,8km
1. Christophe Hindricq (BEL)
2. Franz Weber (SUI)
3. Ratislav Turecek (SLO)
Herren Div. B, 41km
1. Tobias Knecht (GER)
2. Stefan Bäumann (GER)
3. Marcel Pipek (CZE)
6. Markus Rauber (SUI)
Herren Div. C, 49,2km
1. Don van der Linden (NED)
2. Ernst van Dyk (RSA)
3. Vicente Arzo (ESP)
9. Eberle Walter (SUI)
12. Libanore, Athos (SUI)
Damen Div. C, 32,8km
1. Monique van der Vorst (NED)
2. Andrea Eskau (GER)
3. Shauna Whyte (CAN)
Keine Schweizerin am Start
Damen Div. B, 32,8km
1. Gabrielle Schild (SUI)
2. Ursula Schwaller (SUI)
Ergebnisse: Zeitfahren
Herren Div. A, 8,2km
1. Franz Weber (SUI)
2. Ratislav Turecek (SLO)
3. Christophe Hindricq (BEL)
Herren Div. B, 16,4km
1. Marcel Pipek (CZE)
2. Manfred Putz (AUT)
3. Tobias Knecht (GER)
4. Markus Rauber (SUI)
Herren Div. C, 16,4km
1. Akehabdro Albor (USA)
2. Ernst van Dyk (RSA)
3. Cefal Bouman (NED)
7. Eberle Walter (SUI)
11. Libanore, Athos (SUI)
Damen Div. C, 8,2km
1. Monique van der Vorst (NED)
2. Andrea Eskau (GER)
3. Laura De Vaan (NED)
Keine Schweizerin am Start
Damen Div. B, 8,2km
1. Gabrielle Schild (SUI)
2. Ursula Schwaller (SUI)
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